Künstliche neuronale Netze (KNN) sind heute eine zentrale Technologie im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI). Ihre Entwicklung begann jedoch viel früher, als gemeinhin bekannt. Wir fokussieren uns auf die wichtigsten Meilensteine der Historie der künstlichen neuronalen Netze, von den Anfängen bis zu ihrer heutigen Bedeutung (daneben gibt es weitere wichtige Meilensteine, die wir in einem separaten Artikel besprechen).
Die frühen Anfänge: 1940er-1950er Jahre
Die Wurzeln der neuronalen Netze reichen bis in die 1940er Jahre zurück. Zwei Wissenschaftler, Warren McCulloch (Neurophysiologe) und Walter Pitts (Logiker), entwickelten 1943 das erste mathematische Modell eines Neurons. In ihrer Arbeit „A Logical Calculus of Ideas Immanent in Nervous Activity“ schlugen sie vor, dass Neuronen als binäre Schalter agieren können, die entweder aktiviert oder deaktiviert werden. Dies war die erste formale Grundlage für die Idee, dass ein Netzwerk von Neuronen in der Lage ist, Berechnungen durchzuführen – eine Erkenntnis, die später grundlegend für die Entwicklung der künstlichen neuronalen Netze werden sollte.
Der Perzeptron: 1957
Der nächste große Schritt kam 1957, als Frank Rosenblatt das Perzeptron entwickelte. Es war das erste einfache Modell eines neuronalen Netzes, das tatsächlich in der Lage war, aus Daten zu lernen. Das Perzeptron besteht aus einem einzelnen Schicht-Neuron und verwendet einen Lernalgorithmus, um seine Gewichte anzupassen. Dies ermöglichte es, einfache Klassifikationsaufgaben durchzuführen. Rosenblatts Arbeit weckte große Erwartungen, und viele glaubten, dass Perzeptronen die Zukunft der KI sein könnten.
Das erste KI-Winter: 1969
In den 1960er Jahren begannen jedoch Ernüchterungen. 1969 veröffentlichten Marvin Minsky und Seymour Papert ihr einflussreiches Buch Perceptrons, in dem sie die theoretischen Grenzen des einfachen Perzeptrons aufzeigten. Insbesondere zeigten sie, dass das Perzeptron unfähig war, nichtlinear separierbare Probleme, wie das XOR-Problem, zu lösen. Diese Kritik führte zu einem Rückgang des Interesses und der Finanzierung für neuronale Netze, was oft als erster „KI-Winter“ bezeichnet wird.
Der Durchbruch: Backpropagation in den 1980er Jahre
Der nächste große Meilenstein kam in den 1980er Jahren. Der erste Durchbruch war die Wiederentdeckung des Backpropagation-Algorithmus (Rückwärtspropagation), der es ermöglichte, mehrschichtige neuronale Netze effizient zu trainieren. Geoffrey Hinton, David Rumelhart und Ronald Williams spielten eine zentrale Rolle bei der Wiederbelebung dieser Technik. Mit Backpropagation konnten neuronale Netze komplexere Aufgaben lösen und nichtlineare Probleme bewältigen, die zuvor als unlösbar galten. Dennoch trat eine große Ernüchterung Ender der 1980er ein, da die mehrschichtigen neuronalen Netze zwar theoretische alle möglichen Problemstellungen lösen konnten, aber nicht praktisch (u.a. auch nur auf Grund mangelnder Daten und Hardware, aber auch algorithmischen Beschränkungen). Dies wird auch als Beginn des 2. KI-Winters gesehen.
Aufstieg der tiefen Netze: Ende der 2000er Jahre
In den frühen 2000er Jahren gab es einen enormen Anstieg an verfügbaren Daten (oft als „Big Data“ bezeichnet) und Fortschritte in der Hardware, insbesondere die Einführung von Grafikprozessoren (GPUs) für das Training von Netzen. Dies ermöglichte wenige Jahre später den Durchbruch der sogenannten Deep Learning-Netze.
Insbesondere in den 2010er Jahren begann das Deep Learning, große Erfolge zu erzielen. Der Durchbruch von AlexNet, einem tiefen Convolutional Neural Network (CNN), im ImageNet-Wettbewerb 2012 markierte einen Wendepunkt in der Bildverarbeitung und ebnete den Weg für viele weitere Erfolge.
Moderne Entwicklungen: 2010er und 2020er Jahre
In den letzten Jahren hat sich die Forschung an neuronalen Netzen rasant weiterentwickelt. Neue Architekturen wie Recurrent Neural Networks (RNNs), Long Short-Term Memory (LSTM), Generative Adversarial Networks (GANs) und Transformer-Modelle haben das Potenzial neuronaler Netze weiter ausgeschöpft.
Der Transformer (eingeführt 2017 von Vaswani et al.) hat insbesondere im Bereich der Verarbeitung natürlicher Sprache (Natural Language Processing, NLP) für große Fortschritte gesorgt. Modelle wie GPT (Generative Pretrained Transformer) und BERT haben das maschinelle Lernen auf ein neues Niveau gehoben, indem sie in der Lage sind, Sprachmodelle zu trainieren, die auf riesigen Textmengen basieren und in vielen Anwendungsbereichen überragende Leistung erbringen.
Heute dominieren neuronale Netze viele Anwendungen der KI: von der Spracherkennung über die Bildverarbeitung bis hin zu autonomen Fahrzeugen.
Fazit
Die Geschichte der künstlichen neuronalen Netze ist geprägt von faszinierenden Durchbrüchen, aber auch Rückschlägen und langen Durststrecken . Was mit theoretischen Überlegungen in den 1940er Jahren begann, hat sich zu einer der mächtigsten Technologien der modernen KI entwickelt. Dank Fortschritten in Algorithmen, Rechenleistung und Datenverfügbarkeit hat sich das Potenzial neuronaler Netze vervielfacht und wird weiterhin die Zukunft der KI gestalten.
Neuronale Netze befinden sich heute in einer Phase kontinuierlichen Wachstums und revolutionieren zahlreiche Industrien. Es bleibt spannend zu sehen, wie sich diese Technologie in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird.
Falls du tiefer in die Materie einsteigen möchtest, empfehle ich Ihnen, selbst ein kleines neuronales Netz zu implementieren. In einem weiteren Beitrag zeige ich, wie Sie ein einfaches Perzeptron in Python umsetzen können!

